Montag, 26 Mai 2025 10:47

Haftstrafen im VW-Dieselskandal

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Haftstrafen für vier Ex-VW-Manager im Dieselskandal Haftstrafen für vier Ex-VW-Manager im Dieselskandal pixabay/Foto illustrativ

Nach fast vier Jahren Verfahrensdauer und mehr als 170 Verhandlungstagen ist am Landgericht Braunschweig das Urteil im Prozess gegen vier ehemalige Führungskräfte des Volkswagen-Konzerns gefallen. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass die Angeklagten in die Manipulation von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen verwickelt waren.

Inhaltsverzeichnis:

Braunschweiger Urteil trifft zentrale Figuren der Affäre

Am Montagvormittag verkündete das Gericht die Schuldsprüche gegen die vier früheren Manager. Zwei der Angeklagten wurden zu mehrjährigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Einer der Männer muss für vier Jahre und sechs Monate ins Gefängnis, ein anderer für zwei Jahre und sieben Monate. Die beiden übrigen Angeklagten erhielten jeweils eine dreijährige Bewährungsstrafe. Damit folgte das Gericht weitgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft, die Freiheitsstrafen zwischen zwei und vier Jahren beantragt hatte. Die Verteidigung hatte sich hingegen für drei Freisprüche und eine Verwarnung ausgesprochen.

Die Richter urteilten, dass die Angeklagten bewusst an der Einführung und dem Einsatz manipulierter Software beteiligt waren, um bei Abgastests niedrigere Emissionswerte vorzutäuschen. Diese Software wurde in Millionen von Fahrzeugen verbaut und beeinflusste die Messwerte ausschließlich während Prüfstandbedingungen. Unter realen Fahrbedingungen stießen die Autos deutlich mehr Schadstoffe aus. Die vier ehemaligen Führungskräfte hatten während des Prozesses zwar eingeräumt, dass es technische Probleme mit den Motoren gegeben habe, sie bestritten jedoch, mit Vorsatz betrogen zu haben. Das Gericht glaubte dieser Darstellung nicht.

Verfahren gegen Martin Winterkorn wird separat geführt

Der ursprünglich mitangeklagte frühere Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn stand nicht mit vor Gericht. Aufgrund gesundheitlicher Probleme wurde sein Verfahren abgetrennt und wird separat verhandelt. Winterkorn war nach Bekanntwerden des Skandals im Jahr 2015 zurückgetreten. Die US-Umweltbehörde hatte damals die Manipulationen an den Dieselfahrzeugen aufgedeckt, woraufhin eine weltweite Welle von Ermittlungen, Rückrufen und Klagen gegen den Konzern folgte.

Der Vorsitzende Richter betonte bei der Urteilsverkündung, dass nicht nur die vier verurteilten Manager Verantwortung tragen. Vielmehr hätten zahlreiche weitere Mitarbeiter auf unterschiedlichen Ebenen und mit verschiedenen Aufgaben zur Umsetzung der Täuschung beigetragen. Die juristische Aufarbeitung ist deshalb noch nicht abgeschlossen. Neben dem Prozess gegen Martin Winterkorn laufen weitere Strafverfahren gegen ehemalige VW-Manager sowie zahlreiche Zivilprozesse von betroffenen Fahrzeughaltern und Aktionären.

Komplexität des Falls beeinflusst das Verfahren

Die Dimension des Verfahrens war außergewöhnlich. Seit Beginn des Prozesses im September 2021 wurden über 170 Verhandlungstage angesetzt. In dieser Zeit sagte etwa 150 Zeuginnen und Zeugen aus. Der Vorsitzende Richter sprach von einem besonders komplexen Verfahren, da viele Zeugen vorsätzlich unvollständig oder falsch ausgesagt hätten. Der Grund dafür sei häufig gewesen, dass diese Personen selbst strafrechtlich verfolgt wurden und sich durch Zurückhaltung oder Fehlinformationen bessere Chancen auf eine Einstellung ihres Verfahrens erhofften.

Das Verfahren zeigte deutlich, wie tief die Manipulationen in die Strukturen des Konzerns eingebettet waren. Interne Kommunikationsstrukturen, technische Absprachen und strategische Entscheidungen hatten demnach eine zentrale Rolle gespielt. Die Software zur Abgasmanipulation war nicht das Ergebnis einzelner Entscheidungen, sondern entstand durch koordinierte Zusammenarbeit in mehreren Unternehmensbereichen.

Kosten und Folgen für Volkswagen bleiben hoch

Der Dieselskandal hat Volkswagen bis heute rund 32 Milliarden Euro gekostet. Diese Summe setzt sich aus Strafzahlungen, Rückrufen, Umrüstungen und Entschädigungen zusammen. Der Konzern hat darüber hinaus erhebliche Imageverluste hinnehmen müssen. Die juristische und gesellschaftliche Aufarbeitung dauert an.

Mit dem Urteil des Landgerichts Braunschweig endet einer der aufwendigsten Strafprozesse der deutschen Industriegeschichte. Die Signalwirkung reicht über den Einzelfall hinaus. Noch bleibt offen, wie viele weitere Personen sich verantworten müssen. Die juristischen Folgen für den Konzern, seine Führung und viele Mitarbeiter sind noch lange nicht abgeschlossen. Das Urteil ist außerdem noch nicht rechtskräftig und kann durch Berufung angefochten werden.

Quelle: NDR, www.welt.sn2world.com